Apsyrtides - Lošinj in der Antike

DER BERNSTEINWEG
Die Inseln des Cres- Lošinj Archipels nannte man in der Antike umfassend Apsyrtides. Der Name stammt von dem griechischen Helden Apsyrtos, einem der Protagonisten der mythologischen Geschichte über die Argonauten, die genau hier, in den oberen Gebieten der Adria, den hartnäckigen Verfolgern entfliehen konnten. Auf ihrem Schiff Argo führte Jason aus Kolchis (die heutige Kaukasusküste am Schwarzen Meer) das Goldene Vlies mit sich. Jason trat Apsyrtos, mithilfe dessen Schwester Medea, bei diesen Inseln entgegen, überwältigte und zerstückelte ihn und warf seine Glieder ins Meer. So erhielt auch die Stadt Apsoros (Osor) ihren Namen.

Der antike Bernstein- bzw. Argonautenweg ist die älteste europäische Kommunikationstransversale, die den Norden und den Süden des Kontinents miteinander verbindet. Sie entstand aufgrund des Bernsteinhandels, der von der baltischen Küste, über den europäischen Kontinent, bis zum Mittelmeer hin stattfand. Es gibt zahlreiche archäologische Befunde, die den Austausch der kretischen-mykenischen Produkte auf der einen, und des Bernsteins auf der anderen Seite belegen, und zwar schon im zweiten Jahrtausend vor Christus. Der Cres-Lošinj Archipel war in der Tat ein wichtiger Punkt auf diesem Weg.



LOŠINJ IN DER ANTIKE
Bis zur Römerzeit waren jahrhundertelang die unbestrittenen Herrscher der Adria und dieses Archipels die Liburner. Anschließend zählten sie zu den besten Seemännern der ganzen römischen Flotte, und ihre Schiffe – die Liburnen – wurden zum Synonym für schnelle und starke Schiffe der römischen Marine. Die liburnischen „Zyklopenmauern“ sind in der Originalform teilweise in den Mauern von Osor auch noch heute erhalten.
Lošinj kam im Jahre 167. v. Chr. unter die römische Obmacht. Osor bekam als das Hauptzentrum einen äußerst kosmopolitischen Charakter. Im Übergang zwischen Lošinj und Cres wurde zur liburnischen Zeit ein künstlicher Kanal für die Durchfahrt von Schiffen gegraben. Dank dieses Kanals wurde der lange, wegen der Kvarner-Bora gefährliche Seeweg um einiges verkürzt. So wurde der Hafen von Osor zum unvermeidlichen Seefahrtpunkt – dem „Schlüssel der Oberen Adria“. Die üppige urban-architektonische Stratigraphie wird durch die systematischen Forschungen der frühchristlichen und frühmittelalterlichen Lokalitäten von Osor ergänzt. Spuren des wohlstehenden Lebens sind auf allen Punkten der Inseln anzutreffen. Am repräsentativsten sind die kilometerlangen Steinmauern in der pastoralen Landschaft – die das Epos über die ungeheure menschliche Mühe, dank welcher durch Jahrtausenden hinweg dieses Karstgebiet humanisiert wurde, hervorbringt.

 

DIE LEHREN DES GRIECHISCHEN SCHÖNHEITS - UND GESUNDHEITSIDEALS IN UNSERER ZEIT
Die alten Griechen sahen gewiss nicht so aus wie Polyklets Doryphoros, Praxiteles Hermes oder Lysippos Apoxyomenos. Statuen, wie die des Lošinjer Athleten, bestimmten die allgemeinen klassischen Schönheitsstandards des Körpers. Der Apoxyomenos erinnert uns an die grundliegenden Ideale der griechischen Lebenskultur, die das Gefühl der Einheit von Körper und Geist zum Ausdruck bringt und eine vollkommene Harmonie von Schönheit und Gutheit darstellt. Jedermann trägt die Verantwortung für die eigene Entwicklung. In der Palästra, bzw. dem Gymnasion, wo Gymnastik und Wettbewerbe stattfanden, war der griechische Bürger genauso gut anzutreffen wie im Theater. Man hielte sich an das Delphische Prinzip: Erkenne dich selbst.

Der Apoxyomenos ist in allem eine hervorragende Illustration dessen, was man unter der Maxime Mens sana in corpore sano versteht – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Diese Maxime knüpft sich an die Überzeugung der hippokratischen Medizin an – die Krankheit sei eine Störung der Harmonie und der Sinn der Heilung bestehe darin, diese menschliche Ganzheit wieder herzustellen. So wie der Körper im Gymnasium perfektioniert wird, fördert die Wiederherstellung der gestörten Harmonie des Körpers und des Geistes die beste Heilung, und zwar an einem gesunden, vorzugsweise einsamen, Ort.
Der erste Schritt der Heilung macht der Kranke indem er sich auf eine Reise ins Sanatorium begibt. Ein solcher privilegierter Ort auf der Welt – wo der Mensch zu Kräften kommen und seine eigene Harmonie wiederherstellen kann – ist auf jeden Fall die Insel Lošinj. Es sieht so aus, als ob es kein Zufall war, dass sich Apoxyomenos – das neue Symbol der „Insel der Vitalität“ – gerade hier eingefunden hat.

Dr. sc. Josip Belamarić, wissenschaftlicher Berater am Institut für Kunstgeschichte in Split


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